Ein Ort der Geschichte, des Glaubens und des Lichts
Die evangelische Medarduskirche in Bendorf ist ein spirituelles, historisches und kulturelles Zentrum der Region – ein Ort, an dem sich romanische Baukunst, gelebter Glaube und moderne Glasmalerei auf beeindruckende Weise begegnen.
Eine Kirche mit langer Geschichte
Die Ursprünge der Medarduskirche reichen bis ins Jahr 1204 zurück. Sie wurde als romanische Pfeilerbasilika erbaut und dem heiligen Medardus geweiht. Die Kirche diente zunächst als Abtei- und Pfarrkirche und war Teil der kirchlichen und politischen Neuordnung unter den Grafen von Sayn.
Nach der Reformation ging die Medarduskirche im Jahr 1652 in den Besitz der evangelischen Gemeinde über – ein bedeutender Wendepunkt in der Geschichte des Bendorfer Kirchenlebens. Seitdem ist sie das geistliche Zuhause der evangelischen Christinnen und Christen der Stadt.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche schwer beschädigt. Der Wiederaufbau zwischen 1954 und 1956 erfolgte mit großer Sorgfalt: Der romanische Chor und Turm blieben erhalten, während das Langhaus im sachlich-funktionalen Stil der 1950er Jahre neu errichtet wurde. Heute vereint die Kirche auf einzigartige Weise mittelalterliche Substanz und moderne Klarheit.




























Die Fenster von Erhardt Klonk
Biblische Tiefe in Farbe und Licht
Mit dem Wiederaufbau der Medarduskirche erhielt die Gemeinde nicht nur ein neues Kirchenschiff, sondern auch eine ganz besondere künstlerische Ausstattung: die Fenster des Marburger Glasmalers Erhardt Klonk (1898–1984).
Klonk, ein Vertreter der modernen Glasmalerei in Deutschland, schuf zwischen 1956 und 1962 einen beeindruckenden Zyklus farbiger Fenster, die bis heute das spirituelle und ästhetische Herz der Kirche bilden.
Der Zyklus zum Glaubensbekenntnis
Im Hauptschiff der Kirche gestaltete Klonk einen zusammenhängenden Fensterzyklus zum Apostolischen Glaubensbekenntnis. Jedes Fenster symbolisiert einen zentralen Satz des Credos:
- „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, Schöpfer des Himmels und der Erde“: dargestellt durch kosmische Motive – Licht, Sterne, Erde.
- „Und an Jesus Christus…“: Geburt, Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt Christi in abstrahierter, kraftvoller Bildsprache.
- „Ich glaube an den Heiligen Geist…“: Pfingstdarstellung mit Feuerzungen.
- „…die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen…“: eine Darstellung des Leibes Christi aus vielen Gliedern.
- Taufe, Abendmahl, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten, das ewige Leben: in symbolischer Form umgesetzt.
Klonk wählte dafür Antikglas in kräftigen, leuchtenden Farben. Durch die Bleifassung entstehen klare Linien und Felder, die das einfallende Licht brechen und den Kirchenraum in eine immer wieder neue Atmosphäre tauchen – je nach Tageszeit und Jahreslauf.
Die Fenster in der Taufkapelle
Ein besonders berührendes Werk Klonks befindet sich in der Taufkapelle: Ein Fenster, das das Gleichnis vom Sämann in farbintensiven, abstrakten Formen erzählt. Die Motive – Vogel, steiniger Boden, Dornen, fruchtbare Erde – symbolisieren die unterschiedlichen Wege des Glaubenswachstums. Passend zum Taufgeschehen regen sie zur persönlichen Auseinandersetzung mit der eigenen Lebens- und Glaubensgeschichte an.
Licht als Verkündigung
Erhardt Klonks Fenster sind mehr als Schmuck – sie sind Theologie in Farbe und Glas. Sie erzählen keine realistischen Geschichten, sondern übersetzen biblische Inhalte in symbolische, meditativ deutbare Bilder. Seine Werke wollen nicht belehren, sondern „zum Verweilen und Nachdenken“ einladen, wie Klonk selbst sagte.
Sie sind damit ein integraler Bestandteil der Verkündigung: Predigtfenster, die nicht mit Worten, sondern mit Licht sprechen.
Fazit: Wo Geschichte auf Gegenwart trifft
Die evangelische Medarduskirche in Bendorf ist ein Ort, an dem sich Geschichte und Gegenwart durchdringen:
- die romanische Apsis bewahrt mittelalterliche Stille,
- das moderne Kirchenschiff spiegelt den Wiederaufbau nach der Katastrophe des Krieges,
- und die Fenster Klonks führen die Botschaft des Evangeliums mit zeitloser Kraft weiter.
Sie ist ein Raum der Andacht, der Kunst und des lebendigen Glaubens – offen für Licht, Menschen und neue Wege des Verstehens.